Repression und G8 entgegentreten - Stop G8
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Interview mit Karin Binder (MdB)
Montag, 11. Februar 2008

Karin Binder ist Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE und war aufrufende Teilnehmerin der Demonstration am 19.Mai 2007 in Karlsruhe

Frage: Am 19.Mai 2007 fand in Karlsruhe (Sitz der Bundesanwaltschaft) eine Demonstration gegen die Kriminalisierung des Widerstandes gegen den G8-Gipfel statt. Welche Gründe hatten Sie, zu dieser Demo mit aufzurufen und sich an ihr zu beteiligen?

Karin Binder: Ich wollte dass die Öffentlichkeit erfährt, worum es bei diesem G8-Gipfel gehen wird.Mir ging es um die Mobilisierung für die Proteste gegen diese selbsternannte Weltregierung. Schon im Vorfeld wurde von den Medien einmal mehr der Eindruck erweckt, dass es nur um Krawall und Randale gehe. Es wurden Bilder erzeugt, die dies der Bevölkerung suggerieren sollten. Ich wollte dazu beitragen, dass die Bevölkerung über die tatsächlichen Gründe und die Motivation für die Proteste aufgeklärt wird.

Frage: Es gab ein massives Aufgebot von Polizeikräften mehrere Hundertschaften, behelmte Beamte, Wanderkessel) auf der Demo. Wie beurteilen die das Auftreten der Polizei an diesem Tag?

Karin Binder: Die Zahl der Polizistinnen und Polizisten war eine Sache. Was mir jedoch sehr zu Denken gab, war deren teilweise martialische Ausstattung. Die Kampfmonturen, die sie anhatten, ließen schon Befürchtungen aufkommen. Die Gespräche, die ich mit einzelnen Polizisten geführt habe, fi elen sehr unterschiedlich aus. Von höfl ich und entgegenkommend bis zu unfreundlichen und äußerst aggressiven Reaktionen war alles dabei.

Frage: Dem Anmelder der Demo droht eine Strafe von 160 Tagessätzen, weil er Verstöße gegen Aufl agen nicht verhindert habe. Sie haben mit zur Demo aufgerufen und kennen die Aufl agen. Wie haben Sie den Verlauf der Demo erlebt?

Karin Binder: Der Anmelder hat sich sehr um einen ordnungsgemäßen Verlauf der Demo gekümmert. Zu Beginn der Demo hat er ordnungsgemäß die Aufl agen verlesen und sich nach meiner Beobachtung auch sehr um deren Einhaltung bemüht. Er war ständig unterwegs, um den Überblick über den Zug und den Kontakt mit den Ordnern zu halten. Der Vorwurf, er habe nicht verhindert, dass Aufl agen verletzt worden seien, ist nach meiner Auffassung konstruiert. Bei einer Demo mit ca. 800 TeilnehmerInnen kann ein Anmelder nicht jeden einzelnen im Auge haben. Auch wenn gegen Aufl agen verstoßen worden sein sollte, hätte er das nicht verhindern können.

Frage: Inzwischen haben linke Demos fast immer mit Aufl agen wie Transparentgröße, Mindestabständen, Laufverbot, Verbannung aus der Innenstadt usw. zu kämpfen. Finden Sie derartige Aufl agen gerechtfertigt und inwieweit verändern solche Aufl agen den Charakter der Demos?

Karin Binder: Auch ich frage mich nach dem Sinngehalt mancher Aufl agen. Wenn Transparente nicht groß sein dürfen und nicht so gehalten werden dürfen, dass sie von PassantInnen gelesen werden können, machen sie keinen Sinn. Zu den Mindestabständen würde ich mir wünschen, dass diese vor allem von den Beamten eingehalten werden. So dicht wie der Demozug von den PolizistInnen „begleitet“ wurde, konnte man ordentliche Beklemmungen bekommen und ich habe normalerweise keine Platzangst. Es ist für mich auch nicht verwunderlich, dass unter solcher Bedrängnis Spannungen aufkommen, die nicht nur bei Jugendlichen zu Widerspruch und Widerstand führen. Aus meiner Sicht sind diese Versuche der Behörden kontraproduktiv und tragen in keiner Weise zu einem friedlichen Verlauf einer Demo bei. Sie verursachen im Gegenteil unnötige Reibung und Provokation.

Frage: Wir haben den Eindruck, dass das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit zunehmend beschnitten wird. Nun hat Innenminister Schäuble diverse Vorschläge zur Inneren Sicherheit gemacht, die dazu dienen, elementare Grundrechte auszuhöhlen. Was halten Sie von diesen Vorschlägen?

Karin Binder: Nichts! Dass Herr Schäuble sehr eigene Vorstellung von der Sicherheit eines Landes und dem Sicherheitsbedürfnis unserer Gesellschaft hat, ist offensichtlich. Wenn er könnte, wie er wollte, würde er uns frei nach George Orwells „1984“ in den totalen Überwachungsstaat führen. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Bundesgerichtshof die brutalen Hausdurchsuchungen vor dem G8 inzwischen für rechtswidrig erklärt hat. Das widerlegt die unsinnigen Terrorismustheorien des Herrn Schäuble. Zur Inneren Sicherheit in Deutschland brauchen wir mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze und Existenz sichernde Löhne und Sozialleistungen, aber auf keinen Fall Militäreinsätze im Inland, Vorratsdatenspeicherung oder Online-Durchsuchungen.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

 

 

Berufungs-Prozess vorm Landgericht KA am 19. Juni 2012

 

 

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